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Foto der Neuen Photographischen Gesellschaft Steglitz (NPG) um 1905
Sammlung: Wolfgang Holtz

Das wohl bekannteste Steglitzer  Aushängeschild der Zeit um 1900 war wohl die
 
Neue Photographische Gesellschaft,

die ihr großes Fabrikationsareal zwischen Siemens-, Birkbusch und Luisenstraße (seit 1931 Nicolaistraße) hatte. Der äußerst tatkräftige Ostpreuße, Arthur Schwarz, 1862 in Braunsberg/Ostpreußen geboren, gründete am 5. Juli 1894 in Schöneberg mit zehn Angestellten seinen ersten fotografischen Betrieb als GmbH mit einem Grundkapital von 75.000 Mark. Man beschäftigte sich mit der maschinellen Herstellung von Fotografien, gleichzeitig mit der Fabrikation fotografischer Papiere und Bedarfsartikel. Schon 1895 wuchs die Gesellschaft auf 35 Mitarbeiter an, so dass die gemieteten Räumlichkeiten in Schöneberg nicht mehr ausreichten und nach dem Kauf des Steglitzer Grundstückes 1896 schon im Frühjahr 1897 das neue Fabrikgebäude bezogen werden konnte. Zwei Jahre später fand die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft statt, so dass der Aufschwung mit Tochterunternehmen in London, Paris, Rom und New York nicht mehr zu übersehen war. Zum zehnjährigen Bestehen verfügte man über 650 Angestellte, einige Jahre später waren es etwa 1.200.

Für die Angestellten vorbildlich waren die verschiedenen Wohltätigkeitseinrichtungen der Neuen Photographischen Gesellschaft wie eine Fabrikkrankenkasse, die den Beschäftigten neben freier ärztlicher Behandlung und Arznei ein angemessenes Krankengeld gewährte.  Weihnachten bekamen sämtliche Angestellte Geldgeschenke, im Jahre 1903 waren dies immerhin insgesamt 20.000 Mark. Wer länger als ein Jahr in der Fabrik arbeitete, erhielt Urlaub bei voller Lohnzahlung. Generaldirektor und Kommerzienrat Arthur Schwarz stiftete eine Bibliothek für die Fabrik mit über 1.600 Bänden, die den Angestellten kostenlos zur Verfügung standen. Darüber hinaus gab es eine freiwillige Fabrik-Feuerwehr, die im Jahre 1904 aus 37 Mann bestand. Etwas Besonderes war das Kasino, dessen Speisesaal 36m lang, 14m breit und 12m hoch war. Hier erhielten die Mitarbeiter Speisen und Getränke zum Selbstkostenpreis, dem weiblichen Personal wurde freier Mittagstisch gewährt. Das Kasino besaß einen Lesesaal, in der Saalmitte befand sich eine Bühne, die für Theateraufführungen vorgesehen war, hier gab es auch gesellige Veranstaltungen mit Vorträgen usw.

Die NPG ist damals weit über die Berliner Grenzen zu einem Begriff geworden. Allein auf dem Gebiet der Post- und Stereoskopkartenherstellung wurde in großer Vielfältigkeit produziert. Bilder der Hohenzollernfamilie, bekannter Militärs, von Kriegsschiffen, Abbildungen von Skulpturen verschiedenster Bildhauer, Berliner Zoobilder, Glückwunschkarten, Landschafts- und Städteansichten und eine Menge so genannter Kitschkarten waren ein Teil des Repertoires, alles in bester Qualität, schwarzweiß und koloriert. Für die große Zahl von Kaiserbildern, die in Schulen, Kasernen und sonstigen öffentlichen Gebäuden hingen, bedankte sich Wilhelm II. bei der Neuen Photographischen Gesellschaft für die Ausführung in einem besonderen Schreiben.

Diese Erfolge waren vor allem Arthur Schwarz zu verdanken, der sich auf unzähligen Reisen u. a. nach England, USA (60 Städte in 75 Tagen), Kanada, Mexiko, Russland, Griechenland, Italien und Frankreich vielfältige Erfahrungen und Kenntnisse erwarb und Kontakte schloss, die ihm für den Aufbau seiner Unternehmung, die er 1890 in London und 1892 in New York mit der Vertretung photografischer Spezialitäten begründete, in hohem Maße zugute kamen.

Große Verdienste erwarb man sich in der NPG bei der Herstellung lichtempfindlichen, fotografischen Papiers, speziell Bromsilberpapiers, sowie der Verwendung desselben im Rotationsverfahren. Automatisch arbeitende Belichtungs- und Entwicklungsmaschinen beschleunigten das Verfahren und lösten die Fotoherstellung mit Hilfe von Glasplatten ab.

Die „Kilometerphotographie“ machte es möglich, dass an einem Tag mehr als 40.000 Karten hergestellt werden konnten.

Die Grundlagen der heutigen Farbfotografie wurden durch den Chemiker Dr. Rudolf Fischer und seinem Mitarbeiter Dr. Hans Sigrist in den Jahren 1910-1912 in den Laboratorien der NPG entwickelt.

1912 zog sich Arthur Schwarz von seinen leitenden Stellen zurück, die Konkurrenz und die allgemeine wirtschaftliche Situation machte ihm und der Firma zu schaffen. Der 1. Weltkrieg  ließ vor allem die internationalen Geschäftsbeziehungen schrumpfen, so dass die Nachfrage und damit die Fabrikation stark nachließ.  

Im Jahre1921 kam das Aus. Die NPG wurde von der Dresdener „Mimosa“ übernommen und als Tochter bis 1948 weitergeführt.

Auf dem Gelände siedelte sich u. a. zwischen Oktober 1932 bis April 1933 das Dessauer Bauhaus unter Mies van der Rohe an.  
 

Wolfgang Holtz